Gedichte
Hitze. Ausgewählte Gedichte
grün- und blauwerden
eigentlich möchte ich gerne
goldwerden und meinem Aderfluss
dabei zusehen wie er versiegt und
hart wird und härter
zuallererst aber muss ich mein
Gesicht verbergen weil ich ganz
rot bin vor Scham dass mein Körper
so viel Zeit mit Grünwerden
vertut dass da wo mir die Haare
ausfallen Zweige und Blätter
nachwachsen und ich langsam
zum Menschengebüsch werde mit
Blüten lichtsüchtig und
blauer noch als blau
Nicht meine Mutter
einen Fuchs zieht es von den
Fichtenrändern der Skipisten in
die Stadt ihr rabiater Geruch lockt
ihn ich aber halte mir lieber mein
Leben lang die Nase zu als dass ich
mich von dir ködern und
zu Bett bringen lasse du bist nicht meine
Mutter meine Mutter ist die S-Bahn Tag für
Tag fährt sie mich im Kinderwagen
durch die Gegend sie entbindet mich
von der Notwendigkeit meinen eigenen
Weg durch die Stadt zu finden über
ihrem metallischen Flüstern wird
alle Geschichte Beton ihr Schaukeln
erzeugt in mir den Wunsch alle
Gespräche mögen verstummen und alle
Überschriften in Randbemerkungen
enthalten sein
Träne der Natur
a dass ich NEIN sage, wenn ich
JA meine b fleckig werde am ganzen
Körper c blütenstaubige, juckende
Parallelogramme, die sich vermehren und
meiner Wurzel immer näher kommen d natürlich
eine Rötung der Augen (abendfeucht, traumgetrocknet)
e ein zum linken Ohr hereindringendes Heben und
Senken, das seine Fühler ausstreckt f nach
mir g verzweigt, doch ohne Mitte h träge gegen alle
Ränder i eine Träne der Natur, die
ausschlachtet, was ihr gerade gelang
Nachtfalter
einatmen in einen roten
Punkt
aufpassen dass
ich dich nicht
auf dir beruhen lasse den
Augenkontrakt (den vielleicht
nur geträumten) unterzeichnen
dir vorausgehen zu den
Mikroskopen deren stumpfes
Licht den Nachtfalter in dir
zittern macht ihn
aufspießen und benennen
ausatmen in ein graues
Feld